Generalgeniedirektion/ -inspektion

Der Erste und der Zweite Schlesische Krieg hatten gezeigt, dass das Ingenieurwesen der österreichischen Armee einer tiefgreifenden Reform bedurfte. Dreißig Jahre nach der Gründung der k.k. Ingenieursakademie wurde 1747 das Ingenieurskorps errichtet, an dessen Spitze der im selben Jahr geschaffene General-Genie-Direktor trat. Er war für den gesamten Technischen Dienst in der Armee zuständig, wobei der Schwerpunkt jedoch in der Fortifikation lag. Nominell unterstand der General-Genie-Direktor dem Hofkriegsrat, tatsächlich aber entwickelte sich eine relative Selbständigkeit des Amtes, was natürlich auch mit den Personen der Amtsträger zusammenhing.

von 1747 bis 1860 General-Genie-Direktoren
III/1747 VII/1780 FM Karl Alexander Prinz von Lothringen und Bar
VII/1780 V/1796 FM Karl Klemens Graf Pellegrini
V/1796 IV/1797 GM Franz Karl Batschek interimistisch/betraut
IV/1797 II/1801 FZM Franz Freiherr von Lauer
II/1801 XII/1849 FM Erzherzog Johann von Österreich
I/1832 IV/1848 FZM Theodor Graf Baillet de Latour — Stellvertreter
VII/1848 XII/1849 FML Bernhard Graf Caboga — mit der provisorischen Leitung beauftragt
XII/1849 XI/1855 FZM Bernhard Graf Caboga
XI/1855 XII/1860 FML Erzherzog Leopold von Österreich
von 1860 bis 1918 General-Genie-Inspektoren
XII/1860 IV/1880 GdK Erzherzog Leopold von Österreich
V/1880 XI/1880 FML Daniel Freiherr von Salis-Soglio — betraut
XI/1880 VII/1892 FZM Daniel Freiherr von Salis-Soglio
VII/1892 XII/1907 FZM Gustav Graf Geldern-Egmont zu Arcen
VII/1907 IV/1910 FML Ernst Freiherr von Leithner
IV/1910 XI/1918 FZM Alexander Blénesi

Der erste General-Genie-Direktor war FM Herzog Karl von Lothringen und Bar, der jüngere Bruder des Kaisers und Schwager Maria Theresias, der das Amt 33 Jahre lang bis 1780 innehatte. Ihm stand bis 1770 auch ein sogenannter Pro-Direktor zur Seite — ein Stellvertreter mit erweiterten Kompetenzen —, der zugleich Vorsteher der Geniekanzlei beim Hofkriegsrat, ab 1768 Chef deren Nachfolgeinstitution, des Genie- und Fortifikations-Amtes war. Vom ersten der beiden Pro-Direktoren des Herzogs, Paul von Bohn, stammte auch der Instruktionsentwurf für das Ingenieur-Korps. 1770 wurde ein eigener Kommandant für das Ingenieur-Korps geschaffen, der zugleich als Vice-Direktor auch die Agenden des bisherigen Pro-Direktors übernahm. 1760 war auch das neu errichtete Sappeurs-Korps unter den Befehl des General-Genie-Direktors getreten, und kam das schon seit 1716 bestehende Mineur-Korps dazu. Über alle drei Korps übte der General-Genie-Direktor auch die Inhaberrechte aus. Mit dem Tod Herzog Karls von Lothringen wurden der General-Genie-Direktor und Korpskommandant wieder in einer Person vereinigt und der Vice-Direktor abgeschafft.

Im Februar 1801 wurde wieder ein kaiserlicher Prinz, Erzherzog Johann, der jüngste Bruder Kaiser Franz‘ I., zum General-Genie-Direktor bestellt — er blieb 48 Jahre in dieser Funktion! Vor allem in den ersten Jahrzehnten seiner Tätigkeit nahm er sehr massiven Einfluss auf das Fortifikationswesen der Monarchie. Ab 1832 hatte er einen offiziellen Stellvertreter, den späteren Kriegsminister Baillet de Latour (+1848). Wesentliche strukturelle Veränderungen gab es in seiner Amtszeit nicht. Dem General-Genie-Direktor unterstand also die General-Genie-Direktion, die für die militärischen, wissenschaftlich-technischen und fortifikatorischen Belange zuständig war, die drei Korps mit der Ingenieur-Akademie und das Genie-Hauptamt.

1849 folgte dem Erzherzog im Amt Bernhard Graf Caboga, der zwar schon 1855 starb, in dessen Amtszeit aber zwei wesentliche Reformen stattfanden, nämlich die Vereinigung der drei Korps zur einheitlichen Geniewaffe und die Errichtung eines Geniestabes nach dem Vorbild des Generalstabes. Auf Caboga folgte wieder ein Habsburger: Erzherzog Leopold aus der Linie Erzherzog Rainer, der 25 Jahre, bis 1880 im Amt blieb. In seiner Amtsperiode wurden 1860 die General-Direktion aufgelassen, wobei an ihre Stelle General-Inspektion trat, die nach einer Übergangsphase ab 1868 definitiv als Hilfsorgane dem Kriegsminister unterstellt wurden. Die bisherige relative Selbständigkeit des obersten Genieorgans war damit zu Ende. Der General-Genie-Inspektor war Chef des Geniestabes, bekam auch das Recht zur Inspektion des Genie-Komitees, er hatte aber keinen direkten Einfluss mehr auf die Genietruppe, die sich in den folgenden Jahren auch wieder in Spezialwaffengattungen aufspaltete. Das gesamte, daher auch das fortifikatorische Bauwesen lag zur Gänze in der Kompetenz des Kriegsministeriums.

Auf Erzherzog Leopold folgte 1880 der Schweizer Daniel Freiherr von Salis-Soglio, einer der letzten Ausländer in österreichischen Diensten. Salis-Soglio war ein äußerst charismatischer Offizier, der im Zuge der Befestigung Südtirols als Planer, Bauleiter und lokaler Geniedirektor große Erfahrung gesammelt hatte. 1892 fiel er nicht zuletzt wegen Differenzen in der Frage der Zukunft der Technischen Truppen in Ungnade und zog sich zurück. Von den bis 1918 noch folgenden Genie-Inspektoren ist vor allem Ernst Freiherr von Leithner zu nennen. Er war im Zusammenwirken, aber auch oft genug im Gegensatz zum Generalstabschef Franz Conrad von Hötzendorf, einer der maßgeblichen fortifikatorischen Denker vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs.

English summary:
After the second Silesian War the Austrian army engineering units required substantial reforms. 1747 the engineering corps was established, which was headed  by the General-Genie-Direktor (GGD). He was responsible for the entire technical service in the army, although the focus was on fortification. Nominally he was subordinate to the Hofkriegrat, but in reality the office developed a quite independet character. This changed in 1868 after a restructuring and the replacemtent of the General-Genie-Directorate by a General-Genie Inspektion (GGI) which was subordinate to the Ministry of War.
In 1760 the new established sappers corps and the already longer existing mineur corps were subordinated under the GGD as well. These three corps were unified as “Geniewaffe” in the year 1851 but in later years reorganized again.

The first to become GGD was archduke Karl von Lothringen und Bar who remaind in this position for 33 years. In years of service as GGD he was only surpassed by archduke Johann who served from 1801 until 1849 in this position and therefore had a massive impact on the fortification system in the Habsburg Empire. Another significant GGI was Daniel Freiherr von Salis-Soglio, as Swiss national in long time service to the Austrian Emperor.

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