Die Verteidigung von Lissa im Juli 1866 / Defence of Lissa in July 1866

Am 18. Juli 2016 jährt sich zum 150. Mal der Beginn der Kampfhandlungen um die adriatische Insel Lissa, heute unter dem Namen Vis bekannt. Der berühmten Seeschlacht am 20. Juli 1866 gehen jedoch zwei schicksalshafte Tage voraus, die in weiterer Folge Einfluss auf die Seeschlacht selbst hatten und zu den bedeutendsten Kämpfen einer Flotte gegen Küstenbefestigungen im 19. Jahrhundert gezählt werden können. Zum ersten Mal mußten sich Werke und ihre Besatzungen gegen eine hauptsächlich aus gepanzerten Schiffen bestehende Flotte behaupten.

Objekt /
object
Besatzung/
garrison
Armierung / armament
Juli 1866
Verluste
casualties
tot
dead / verletzt wounded
Fort Gorge
2 Offz., 130 Mann 4 x 18 pfd. eiserne Verteidigungskanonen
1 x 12 cm M.61
4 x 15 cm M.61
6 x 48 pfd. Küstenkanonen
1 x 30 pfd. Mörser
2 x 60 pfd. Küstenmörser
        2/22
Turm u. Batterie Bentink 41 Mann
1 x 12 cm M.61
4 x 12 pfd. eiserne Verteidigungskanonen
2 x 30 pfd. Küstenhaubitzen
-/2
Turm Robertson
8 Mann
1 x 12 cm M.61
-/-
Turm u. Batterie Wellington
1 Offz., 50 Mann
1 x 7 pfd. kurze Feldhaubitze
1 x 10 pfd. Batteriehaubitze
2 x 30 pfd. Mörser
2 x 60 pfd. Mörser
1/4
Batterie Mamula
59 Mann
2 x 15 cm M.61
4 x 30 pfd. Küstenhaubitzen
1 x 30 pfd. Mörser
4/17
Batterie Ober Zupparina
1 Offz., 30 Mann
4 x 15 cm M.61 -/3
Batterie Madonna
1 Offz., 86 Mann
4 x 15 cm M.61
4 x 30 pfd. Granatkanonen
 1/1
Batterie Schmidt
1 Offz., 39 Mann 2 x 15 cm M.61
2 x 48 pfd. Küstenkanonen
16/19
Batterie Magnaremi 1 Offz., 57 Mann 4 x 12 cm M.61
4 x 15 cm M.61
-/-
Batterie Napostrasje 2 Offz., 49 Mann 2 x 12 cm M.61
4 x  18 pfd. eiserne Verteidigungskanonen
-/-
Erzherzog Max-Feste 1 Offz., 32 Mann 2 x 24 pfd. Batteriekanonen
2 x 7 pfd. schwere Granatkanonen
-/-

Als sich im Frühjahr 1866 ein möglicher Krieg gegen Italien abzeichnet, beginnen Vorbereitungen zum Schutz der langgezogenen Küste der Habsburgermonarchie. Neben der Instandsetzung der Flotte wird kontinuierlich die Verteidigungsbereitschaft der Küstenbefestigung erhöht. Darunter fallen auch die Werke auf der Insel Lissa. Zu diesem Zweck wurde am 19. April 1866 eine Kommission zur Klärung noch zu befestigender Punkte nach Lissa beordert. Diese erkundete und beantragte vor allem die Sicherung des Hafens von Komiza (Comisa) und der Südküste der Insel. Von dieser Kommission leitet in weiterer Folge maßgeblich Hauptmann (kurz darauf Major) des Geniestabes Anton Hiltl die Befestigungsarbeiten auf Lissa. Ende Mai übernimmt Oberst Baron von Urs von Linienschiffskapitän Müller von Mühlwerth das Festungskommando. Das Marine-Infanterie-Bataillon ist mit 1200 Mann auf Kriegsstand gebracht. Nachdem das Landes-General-Kommando am 10. Juni telegrafiert, auch unter Nachtarbeit die wichtige Verstärkung der Munitionsmagazine „auf das energischste zu betreiben“, können die wesentlichen Verstärkungsmaßnahmen bis etwa Mitte Juni fertig gestellt werden. Am 20. Juni meldet das Festungskommando den vollen Stand der Garnison auf Lissa mit insgesamt 2835 Offizieren und Mannschaften.

Am 17. Juli um 06:00h klärt ein Dampfer unter englischer Flagge die Ostseite der Insel auf und dampft unter südöstlichem Kurs wieder ab. Die Arbeiten an den Befestigungsanlagen werden nun größtenteils eingestellt.

Am 18. Juli morgens telegrafiert das Festungskommando auf Lissa, dass neun Kriegsschiffe ohne Flagge aus 20 Meilen Entfernung von Nordwesten auf die Insel zusteuern. Wenig später sind 15 Schiffe unter französischer Flagge in 15 Meilen Entfernung erkennbar. Als diese die Flagge einholen lässt der Festungskommandant Baron Urs die Alarmgeschütze feuern. Wenig später meldet derselbe u.a. dem General-Kommando, dass Komiza von zwölf unter sardischer Flagge fahrenden Schiffen angegriffen wird. Um etwa 10:00h sind 26 Kriegsschiffe vor Komiza, worauf hin die Batterie Magnaremi als erstes Werk auf Lissa das Feuer eröffnet. Die Batterie wird von 14 Schiffen der italienischen Flotte bis etwa 14:00h beschossen, ohne wesentlichen Schaden zu nehmen. Die Schiffe nehmen Kurs auf den Haupthafen und werden zuerst von den La Hitte-Geschützen auf Monte Perlic, dann von der Batterie Napostrasje beschossen, wobei 4 Treffer erzielt werden. Durch die hohe Lage der Batterie (159m ü.A.) wird diese nicht getroffen. Beim ersten Angriff auf Lissa sind elf gepanzerte italienische Schiffe und acht hölzerne Schiffe beteiligt. Um 11:00h nehmen die ersten Panzerschiffe eine Aufstellung vor Fort Georg ein und nehmen dieses unter konzentrischen Beschuss. Um 14:00h stoßen zu den 10 gepanzerten Schiffen noch sechs hölzerne Fregatten. Die italienische Flotte wird außer von Fort Georg auch von den umliegenden Batterien, sowie von Schmidt und Wellington beschossen, weshalb die Schiffe einen größeren Abstand zur Küste einnehmen. Etwa um 16:00h dringt ein Geschoß in das exponierte Magazin der Batterie Schmidt ein, worauf dieses explodiert und nur fünf Mann der 40-köpfigen Besatzung unversehrt bleiben. Die Batterie Schmidt kann in weiterer Folge nicht mehr in Wirkung treten. Wenige Zeit später explodiert in Fort Georg ein Wallmagazin. Auch hier sind Verluste unter den Mannschaften und Beschädigungen am Werk zu verzeichnen. Schließlich ist Georg um etwa 17:00h dazu gezwungen, das Feuer einzustellen. Ermutigt durch diese Erfolge versuchen vier gepanzerte Schiffe in den inneren Hafen vorzudringen, werden aber von den Batterien Zupperina, Wellington und Madonna abgewiesen. Gegen 18:00h nimmt die italienische Flotte mit zehn Panzerschiffen nun Turm und Batterie Wellington unter heftiges Feuer. Zu diesem Zeitpunkt können diese nur mehr von Zupperina und Bentink unterstützt werden, da auch Batterie Mamula zum Schweigen gebracht wurde. Bis sich um 20:00h, nach etwa drei Stunden, die italienische Flotte zurück zieht steht Wellington unter konzentrischem Feuer.
Major Hiltl besichtigt in der Nacht sämtliche fortifikatorischen Objekte und ordnet die wichtigsten Instandsetzungsmaßnahmen an. Der Artilleriekommandant, Hauptmann Klier, besichtigt in gleicher Weise die Werke und konstatiert, dass zwei Drittel der Festungsgeschütze – neben allen Feldgeschützen – noch gebrauchstauglich sind. Die Zivilbevölkerung ist in das Innere der Insel geflüchtet. Um Mitternacht wird von Wellington ein Landungsversuch bei Stoncica gemeldet, der jedoch nicht stattfindet.

Am nächsten Morgen, den 19. Juli, nähert sich um 07:00h die italienische Flotte – um einige Schiffe, darunter das Turmschiff Affondatore, verstärkt – Fort Georg. Etwa zehn Schiffe nehmen sogleich Bentink, Mamula, Zupperina und Georg unter Feuer. Aus wechselnder Aufstellung versuchen die Italiener ab 09:30h das Hauptmunitions-Reservemagazin von Fort Georg zu zerstören. Erfolglos ziehen sich die Schiffe um etwa 11:00h aus dem Feuerbereich der Werke zurück, um am Nachmittag wieder den Beschuss von Georg aufzunehmen. Dabei werden sie von Wellington und Bentink, teilweise von Zupperina unter Feuer genommen. Auch Mamula steht nun wieder unter Beschuss. In weiterer Folge werden der Hafen und die umliegenden Höhen beschossen, zudem dringen vier Panzerschiffe in den Hafen ein. Aus etwa 400 Meter Entfernung beginnen sie mit der Beschießung der Batterie Madonna. Diese kann praktisch nur durch die Feldgeschütze auf Cosmo unterstützt werden. Durch die Nähe zum Ufer wird auch Infanteriefeuer auf die Schiffe abgegeben. Formidabile geht im Hafen sogar vor Anker und versucht, sich um die Ankerkette drehend, Madonna flankierend zu beschießen. Dies misslingt und nachdem die Batterie kontinuierlich aus den noch einsatzbereiten sieben Geschützen die Schiffe unter Feuer nimmt, ziehen sich diese, zum Teil beschädigt, aus dem Hafenbecken zurück. Um 17:00h treffen vor Komiza zwei gepanzerte Schiffe ein und nehmen mit Magnaremi den Kampf auf. Weitere Schiffe verstärken die Unternehmung und versuchen auch den dortigen Hafen zu beschießen, was durch das Feuer von Magnaremi und von Perlic vereitelt wird. Nach etwa zwei Stunden ziehen sich die Italiener aus dem Feuerbereich zurück. An diesem Tag gab es Landungsversuche bei Punta Stupiski, im Valle Stoncica und bei Chiave. Diese konnten von den mobilen Truppen bzw. von der Artillerie des Turmes Wellington vereitelt werden. Wie am Tag zuvor zieht sich um 20:00h die italienische Flotte zurück und geht etwa 8 Meilen nördlich Lissa in Position.
Durch die Anstrengungen der beiden vergangenen Tage war es kaum noch möglich, Ausbesserungen an den Werken und der Artillerie durchzuführen. In den Befestigungen um den Hafen San Giorgio waren noch einsatzbereit: ein Geschütz in Zupperina, zwei in Bentink, fünf in Wellington und sieben in Madonna.

Am 20. Juli früh morgens versuchten die Italiener bei Stupiski zu landen, werden aber von der Marine-Infanterie abgewiesen. Eine mögliche Landung bei Chiave Gradac wird schließlich durch das Eintreffen der österreichischen Flotte unter Admiral Tegetthoff vereitelt, welche der italienischen Flotte in weiterer Folgeeine vernichtende Niederlage beibrachte.

Insgesamt verfeuerte die österreichische Artillerie auf Lissa zwischen 18. und 20. Juli 1866 2733 Schüsse. Das Festungskommando ging von 30-40.000 Schüssen von italienischer Seite aus. Durch feindlichen Beschuss waren Verluste von insgesamt 94 Mann (Tote und Verwundete) zu beklagen. Von den Werken trugen Schmidt, Georg, Mamula, Bentink und Wellington die schwersten Schäden davon. Unmittelbar nach den Kampfhandlungen begannen die Reparaturarbeiten sowie Verstärkungen an den Befestigungsanlagen. Die Batterie Schmidt musste völlig neu errichtet werden. Die Arbeiten dauern den Sommer über an und werden schließlich, aufgrund der Verordnung des Landes-General-Kommandos vom 30. August 1866, eingestellt.

 

English summary:
July 18th 2016 marks the 150th anniversary of the outbreak of hostilities around the Adriatic island of Lissa, today known as Vis. The famous naval battle on July 20th 1866 was however preceded by two fateful days, which ultimately influenced the naval battle itself.  The battles occuring on the 18/19th July can be seen as one of the most significant examples of a naval attack against coastal fortifications in the 19th century.

As the threat of war with Italy increased in spring 1866, preparations for the protection of the elongated coastline of the Habsburg empire began. On June 20th the fortress command reported the completion of the garrison at Lissa with a total of 2835 officers and soldiers.

In the morning of July 18th the fortress command in Lissa reported that nine warships, without flying a flag, were heading towards the island from the Northwest. Shortly after another group of 15 warships under French flag approachd the island.  When these ships struck the colours, the fortress commander Count Urs alarmed the garrison. A short while later Count Urs reported to the General Command that Komiza was attacked by twelve warships sailing under the Sardinian flag. At about 10:00h 26 warships were off Komiza and first attacked by the battery Magnaremi. The battery itself was shot at by 14 ships of the Italian fleet without taking substantial damage until 14:00h. In the first attack on Lissa eleven Italian armored and eight wooden warships were involved. At 11:00h the first ironclads took position before Fort George and commenced a concentric attack. At approx. 16:00h the ammunition magazine of battery Schmidt was hit and exploded, leaving only 5 men out of 40 unharmed. A short while later another magazine exploded in Fort George causing damages an caualties. Encouraged by these successes four iron clads tried to penetrate into the inner harbor, but were beaten back by the batteries Zupperina, Wellington and Madonna. Around 18:00h ten Italian ironclads started to heavily shell  tower and battery Wellington. This lasted until 20:00h when the Italian fleet retired.

On the 19th at 07:00h the reinforced Italian fleet, including the turret ship Affondatore,  approached fort George. About ten ships instantly attacked the fortifications of Bentinck, Mamula, Zupperina and Georg. From 09:30h the Italians tried  different positions to destroy the main ammunition magazine of fort George. Being unsuccessful, the ships withdrew by about 11:00h only to resume the shelling in the afternoon. They were counter attacked from the emplacements of  Wellington, Bentinck and Zupperina. Afterwards four iron clads penetrated into the harbor. From a distance of approx. 400 meters they begun to shell the battery Madonna. The ironclad Formidabile even anchored and tried, turning around the anchor chain, to bombard battery Madonna . On this day there were landing attempts at Punta Stupiski, in Valle Stoncica and Chiave. These were thwarted by mobile troops or by shelling from the tower Wellington. As the day before the Italian fleet retreated at 20:00h only to be completely defeated the Austrian fleet under Admiral Tegetthoff the next day.

Immediately after the fighting, the repairs and reinforcements of the damaged fortifications began. Battery Schmidt had to be completely rebuilt. The constructions continued through out summer and were finally stopped by the general-command of the province in August 1866.

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